Als er Vater wird, beginnt sich der amerikanische Bestsellerautor Jonathan Safran Foer, der in seinem Leben immer mal wieder auf Fleisch verzichtet hat, darüber Gedanken zu machen, was Fleisch eigentlich ist: Wie wird Fleisch erzeugt und verarbeitet? Wie ergeht es den Tieren, die aufgezogen werden, damit Menschen sie töten und ihr Fleisch essen? Ist es ethisch vertretbar, Fleisch zu essen? Und welche Auswirkungen hat der Fleischkonsum auf uns, unsere Umwelt und die Ressourcen, die uns zur Verfügung stehen. Foer macht sich auf die Reise, sammelt Informationen, besichtigt alternative Betriebe und beleuchtet die Machenschaften der Lebensmittelindustrie im Bezug auf Fleisch und Fisch. Am Ende dieses Buches entscheidet sich Foer und beschliesst, fortan auf Fleisch total zu verzichten und sich vegetarisch zu ernähren.
Erschütternd sind die Fakten, die Foer zu Tage fördert, über die brutale Mißhandlung der Tiere: katastrophale Lebensbedingungen, Überzüchtungen mit dem Ziel maximalen Fleischgewinns und unhumane Schlachtmethoden, bei denen ein hoher Prozentsatz der Tiere noch leben, während sie gebrüht, ihnen die Haut abgezogen und die Innereien entnommen werden, tragen zu diesem Entschluss bei. Dazu kommt, dass in Schlachtbetrieben mit ihren unmenschlichen Arbeitsbedingungen auch bewusst gequält wird, die Farmer ihrer Tiere vollkommen entfremdet sind und die Fleischerzeugung mit einem Einsatz von 6-26 Kalorien Futtermittel für eine Kalorie Fleisch Verschwendung ist. Foer beschreibt ausserdem, nachdem er mit einer Tierrechtsaktivistin in einen Betrieb eingebrochen ist, die katastrophalen Zustände in den Tiermastbetrieben von der Haltung bis zu den 40 Tonnen Fäkalien pro Sekunde, die in den USA durch die Massentierhaltung entstehen und zum Teil über Flüsse und Grundwasser entsorgt werden.
Foers Buch ist erschütternd und erdrückend: ein umfangreicher Anmerkungsapparat enthüllt, dass die Zustände in Deutschland und Europa nicht wesentlich besser sind. Auch hier werden 99 % der Tiere in Massentierhaltung aufgezogen, auch hier bestimmt die Fleischindustrie die Züchtungen, die extra auf Fleischzuwachs gezüchtet und daher oft bewegungsgeschädigt und mit Missbildungen aufwachsen. Und allein 40.000.000 überflüssige männliche Hühnerküken werden in Deutschland jährlich lebendig geschreddert oder vergast, weil man sie nicht in der auf Effizienz und maximalen Profit optmierten Produktionskette benötigt. Foer plädiert nicht dafür, Vegetarier zu werden, auch wenn er seinen eigenen Entschluss gut begründet. Aber sein Buch ist auch eine massive Kritik an der Massentierhaltung und der Überfischung der Weltmeere, die jeden auffordert, seinen Fleischkonsum kritisch in Frage zu stellen. Ich kann mir allerdings kaum vorstellen, dass ein Fleischesser nach der Lektüre dieses Buches noch ernsthaft in seinen Burger beissen kann – zu erschütternd und skandalös sind die Zustände, zu drängend ist die Frage, ob es wirklich heutzutage noch ethisch vertretbar ist, Tiere wegen ihres Fleisches zu töten. Dem Buch ist eine nachhaltigere Wirkung zu wünschen, als es „Der Dschungel“ von Upton Sinclair über die Zustände in Chicagos Schlachthöfen Anfang des 20. Jahrhunderts hatte – geändert hat sich seitdem nämlich wenig, und für die Tiere ist es noch schlimmer geworden. Ein engagiertes, humorvolles und sprachlich anspruchsvolles Buch zu einem wichtigen Thema. In einer gekürzten Fassung ausgesprochen gut vorgelesen von Ralph Caspers, bekannt aus „Sendung mit der Maus“ und „Wissen macht Ah“.
Startseite » Scheibenwelt » Hörbuch » Tiere essen / Jonathan Safran Foer. Gelesen von Ralph Caspers. Regie: Astrid Roth
Ein ehemaliger Angehöriger der US-Marins, der heute in einem Schlachthof schuftet erklärt in Foer’s Buch „…das ganze Blut und so macht mir nichts aus. Aber die unmenschliche Behandlung der Tiere. Es passiert einfach zu viel!“
Diese nüchternen und doch so emotionalen, beklemmende Interviews (aus erster Hand) und die Fülle der Daten und detailierten Beschreibungen des Unbeschreiblichen, sowie die philosopisch geschulte Aufarbeitung der Massentierhaltung führen letztlich dazu eines zu begreifen und zwar die Tatsache das man (ob man will oder nicht) nicht nur ein Statist, sondern einer der Hauptdarsteller in diesem Alptraum ist und das es nicht ausreicht nur zum Veganer zu werden (was auch ich jetzt bin) um auszusteigen, sondern das damit der Kampf gegen eine der schlimmsten Auswüchse unserer kapitalistischen Gesellschaft gerade mal erst beginnen muß.
Buch kaufen, lesen, weiterreichen !!!!
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Es wäre schon viel gewonnen, wenn sich die Menschen wenigstens bewusst machen würden, dass Tiere für ihr Essen sterben müssen – und dass sie leiden müssen. Leider ist die abgepackte, eingeschweisste Ware „Fleisch“ aber so abstrakt in ihrer Herkunft und Herstellung, dass die meisten das verdrängen.
Bleibt zu hoffen, dass es mehr und mehr Menschen gibt, die über solche Bücher wie dieses angeregt werden, über ihr Fleischessen nachzudenken. Und es bleibt zu hoffen, dass die Fleischpreise langfristig tatsächlich stark steigen werden … denn dieses Ausmaß an Fleischkonsum ist nicht mehr nachhaltig zu erwirtschaften, wenn man es denn nur rein ökonomisch sehen mag, was man nach diesem Buch und den drastisch darin geschilderten Tatsachen eigentlich nicht mehr kann.
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Mich hat die Lektüre dieses beeindruckenden Buches inspiriert, selber vegetarisch zu leben – und dazu auch gleich ein Blog aufzumachen
Unverbissen vegetarisch
http://www.unverbissen-vegetarisch.de
Das Blog soll nicht total RADIKAL sein, sondern Interessierte ansprechen, die sich nicht gleich das volle vegane Leben zumuten wollen. Denn auch wenn wir alle nur einmal/Woche Biofleisch essen würden, wäre Massentierhaltung nicht mehr lohnend. Und diese üblen Zustände sind es ja, die viele zum „vegetarischer leben“ motivieren.
Es reicht dafür aber nicht, einfach nur Fleisch und Wurst wegzulassen – man muss sich auch ein neues Alltags-Kochen/Essen aneignen, denn sonst wäre es sehr öd.
Na, und da bin ich grad dran…
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Foer ist wirklich beeindruckend in seiner Faktenfülle, zumal er nicht den dogmatischen Weg inkl. „Zeigefinger“ geht (der noch nie genutzt hat, jemanden vom Vegetariertum zu überzeugen), sondern die Menschen zum Denken anregt und dazu, eigene Schlüsse aus den Fakten zu ziehen: in der Tat wäre ja auch in ethischer Hinsicht viel gewonnen, wenn sich mehr Menschen gegen das Töten und Verzehren von Tieren aus Massentierhaltung entscheiden und generell weniger Fleisch essen würden. Bin selbst seit 23 Jahren fleischlos unterwegs aus ethischen, gesundheitlichen und ökonomischen Aspekten heraus und bin froh, dass es nicht mehr soo exotisch ist („Sie essen kein Fleisch? Oh, aber wir haben Hühnchen … „).
Vielleicht überzeugt Dein Blog ja auch noch mehr Leute dazu, es mal ohne Fleisch zu versuchen … viel Erfolg dabei!!
Grüsse nach Berlin aus der norddeustchen Tiefebene …
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