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Der Tod von Sweet Mister / Daniel Woodrell. Übersetzt von Peter Torberg

USA. Ozark-Plateau im Süden Missouris. Shug Akins wächst unter bedrückenden Verhältnissen auf: seine etwa dreissigjährige, schöne Mutter Glenda ist Alkoholikerin und lässt sich von Shugs vermeintlichem, oft für Wochen abwesendem Vater Red tyrannisieren. Red ist ein gewalttätiger Kleinkrimineller, der mit seinem Kumpel Basil auf Raubzug geht und Shug stets nur „Fettsack“ nennt. Red und Basil zwingen Shug zu Einbrüchen mit dem Ziel, als Drogen verwertbare Medikamente zu besorgen.
Shug, ein einsamer Außenseiter, von der Mutter „Sweet Mister“ genannt, steht an der Schwelle zum Erwachsenwerden und beginnender innerer Reflexion über seine von Armut und Gewalt geprägte Umwelt: die Raubzüge mit Red und Basil zwingen ihn nicht nur zum Lügen, sondern schüren auch seinen Widerstand gegen die Despotie Reds. Da erscheint plötzlich der junge Koch Jimmy Vin Pearce mit seinem Thunderbird auf der Bildfläche wie ein Ritter in schimmernder Rüstung und beginnt eine Affäre mit Glenda: auf einmal scheint für sie und damit auch für Shug ein anderes, besseres Leben möglich zu sein. Doch mit dem Hoffnungsschimmer entzündet sich auch lange aufgestauter Hass und die Situation eskaliert dramatisch in äußerster Gewalt.
Als Red eines Tages ausbleibt, beseitigt Shug die Spuren im Haus. Er ahnt, dass er im vage aufscheinenden möglichen Glück von Glenda keinen Platz mehr hat und trifft eine düstere Entscheidung, die alles und auch ihn verändert.

Mit der 16jährigen Ree in „Winters Knochen“ hatte Woodrekk noch eine Protagonistin geschaffen, für die am Ende eine wenn auch armselige, aber wenigstens als Möglichkeit aufscheinende Hoffung zu bestehen scheint. Shug, der Protagonist von „Der Tod von Sweet Mister“, ist jünger als Ree und an der Schwelle zum Erwachsenwerden. Doch die anfängliche Hoffung, der einsame Außenseiter möge aufbegehren gegen die elenden, gewalttätigen Lebensumstände, zerschlagen sich rasch. Zwar beginnt Shug zu reflektieren und sein Umfeld mit einer von leisem Humor geprägten inneren Distanz zu betrachten. Doch die Umstände sind stärker und zwingen ihn am Ende, Position zu beziehen und am Ende eine verhängnisvolle Entscheidung zu treffen, die im Nachhinein das Verhältnis zu seiner Mutter dramatisch verändert: plötzlich kehren sich die Verhältnisse um und zwischen dem auf düstere Art gereiften Jungen und seiner aller Hoffnung beraubten Mutter entwickelt sich ein trauriges, offenbar inzestuös geprägtes Verhältnis.
Woodrell entführt uns einmal mehr in das südliche Hochland Missouris und in einer Welt der Armut, der Gewalt und Flucht vor einem Leben, das jenen nichts zu bieten scheint, die am Rand der Gesellschaft leben, mit nicht viel als ihrem Körper und ihren vagen Träumen als Lebensgrundlage.
Mit dem 13jährigen Shug, aus dessen Perspektive die Geschichte erzählt wird, leidet der Leser gebannt und fassungslos mit, bis kurz vor dem Schkluss von der vagen Hoffnung erfüllt, dass die Geschichte doch noch einen guten Ausgang nimmt, für Shug andere Wege offenstehen als die familiär und gesellschaftlich vorgezeichneten.
Empathisch nähert sich der Autor seinen Figuren und erzählt zugleich schonungslos, hart und mit wenigen, kaum die Düsterkeit Lichtblicken über ihr Schicksal. Ein zutiefst bedrückendes, trotzdem mitreissendes und perfekt komponiertes Buch über die Kehrseite des amerikanischen Traums und die Not des „American White Trash“, sprachlich hoch intensiv mit starken, düsteren Bildern.

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